Ich wurde gebeten für den Blog des Bachensembles aus dem Nähkästchen zu plaudern und wer bin ich schon um mich dessen zu wehren… Also hier nun meine Gedanken zum bevorstehenden Konzert, zu Bach im Allgemeinen und auch zum Bach-Sohn Johann Christian Bach.
Im Dezember des Jahres 2012 fand ich auf der «Avenue de l’Opéra» in Paris einen CD-Laden des Labels Harmonia Mundi. Was für ein Paradies für einen Audiophilen Menschen wie mich. So viele hervorragende Aufnahmen zu sehr guten Preisen. Unter anderem kaufte ich mir die Einspielung des Requiems und des Miserere von Johann Christian Bach. Es waren zwei Werke, die ich bis dato noch nicht kannte. Selbst den Komponisten kannte ich nur dem Namen nach. Als ich wieder zu Hause war hörte ich mir die anderen CDs die ich mir gekauft hatte an und versank in ihnen. Den Bach jedoch vergass ich total. Etwa ein halbes Jahr später fand ich die Aufnahme wieder und legte sie in den Player. Da geschah es: Ich war wie gefangen. Ich war gefangen in einer eigenen Klangwelt, die mir so noch nicht begegnet war. Was für eine Kraft, was für eine Vitalität und das in sakraler Musik. Das kannte ich bisher nur von Bach-Vater und von G.F. Händel. Dieser Bach-Sohn hatte was auf dem Kasten.
Was mir besonders im Gehör hängen blieb war die Alt-Arie des Miserere. So farbig und saftig. Ich hätte mir ja nie träumen lassen, dass ich diese Arie selber einmal singen darf, denn damals studierte ich noch im Tenorfach. Der Wechsel zum Countertenor kam bei mir erst ein halbes Jahr später. Obwohl ich schon zu Beginn meines Studiums mit diesem Stimmfach geliebäugelt hatte, startete ich als Bariton und wechselte nach einem Jahr ins Tenorfach. Jeden Sommer fuhr unsere Gesangsklasse mit unserem Professor Peter Brechbühler für eine Woche nach Frankreich in ein altes Schloss. Wir lernten da in verschiedenen Duos uns mit dem Liedrepertoire auseinanderzusetzen. Und was darf in Frankreich auf keinen Fall fehlen? Natürlich der Wein. Dieser floss auch nach dem Abschlusskonzert in Strömen und veranlasste mich, eine Jodeleinlage zum Besten zu geben. Peter war sehr angetan davon und befand meine Kopfstimme für gut genug um noch eine Stimmlage in die Höhe steigen zu können. Ich wechselte also ins Counterfach. Diesen Wechsel bereue ich bis zum heutigen Tage nicht. An dieser Stelle mal ein Dankeschön an Peter Brechbühler, dass er dieses Vertrauen in mich setzte.
Wer jetzt aber denkt, dass dieser Fachwechsel so einfach vor sich ging, irrt gewaltig. Ich musste mich nämlich damit auseinandersetzen, dass ich nur noch für ein bestimmtes Repertoire angefragt werden würde. Also keine grossen romantischen Partien, sondern Barock und neue Klassik (damals dachte ich tatsächlich noch so). Was mir jedoch die Entscheidung sehr versüsste, waren die vielen wunderschönen Arien in den Bachkantaten und Oratorien. Man denke da nur an das wunderbare «Schliesse mein Herze» aus dem Weihnachtsoratorium oder «Es ist vollbracht» aus der Johannespassion. Das ist Musik die einem einfach in die Seele geht. Dafür tauschte ich gerne jede Tenorrolle in den Mozartopern ein. Ausserdem sagte ich mir: «Wer bitteschön kann mir verbieten nicht weiter Schumann, Strauss und Brahms zu singen?» Also war es beschlossene Sache. Ich wechselte zum höchsten Fach der Männerstimmen.
Inzwischen durfte ich schon mit vielen erfahrenen Ensembles auf der Konzertbühne stehen. Ein besonderes Highlight war sicherlich das Solistenkonzert mit dem Luzerner Sinfonieorchester im KKL letzten Sommer. Ein Ensemble jedoch war mir noch verwehrt geblieben. Ein Ensemble, dessen Konzerte ich fleissig mitverfolgte und bei dem ich nur zu gerne einmal selber als Solist auftreten wollte. Ich rede natürlich vom Bach Ensemble unter der Leitung von Franz Schaffner. Es war eine grosse Freude, als mich ein Mail mit der Anfrage für das Konzert mit jungen Solisten erreichte. Endlich mit diesen tollen Musikern auf der Bühne zu stehen. Was mich jedoch verwirrte, war die Repertoireauswahl. Eine Kantate von Bach, ohne Alt-Solo. Hmmm… Das andere Werk: Miserere von Johann Christian Bach. Kenne ich nicht. Ich ging also ins Internet und suchte danach. Eine Aufnahme auf Youtube brachte dann aber Erleuchtung: ich kannte es doch! Ich erinnerte mich wieder an die Aufnahme aus Paris. Ich kramte sie hervor und hörte mir das ganze Werk wieder an. Und da war sie wieder: Die wunderschöne Alt-Arie am Schluss! Wunderbar! Ich freute mich riesig. Auch wenn sie gar nicht so einfach zu singen ist. Ja… Wirklich nicht… Das erinnert mich daran, dass ich wieder üben gehen sollte. Schliesslich wollen sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer ja eine tolle Aufführung erleben können. Also viel Vergnügen mit dem Konzert der jungen Solisten. Ich freue mich! Danke!
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Gabriele Brachmann (Sonntag, 01 März 2020 17:34)
Lieber Stefan,
Deine ganz besondere Geschichte mit dem „vergessenen“ Bach-Sohn, die Entwicklung Deiner Stimmlage (wie Bergsteigen: immer höher hinauf ...☺️) und vor allem Dein beeindruckendes Repertoire sind mehr als EIN Grund, Deine Konzerttätigkeit zu verfolgen!
Mal abgesehen davon, dass ich/wir Dich „LIVE“ erlebt haben und wirklich be- und verzaubert wurden ...
Fazit: habe mir die nächsten Termine (April!), die für uns „Düütsche“ in Frage kommen, angeschaut und festgestellt: da geht was.
Stefan, wir sehen UND - das Beste! - wir HÖREN � Dich bald ....
„A guäde Ziit“: liebe Grüße von
Gabriele, Andreas, Leo & Julia